Rhein-Main-Presse:
MÜCKEN-GENE ZEIGEN WASSERQUALITÄT AN
Mainzer Forscher erzielen erste Erfolge mit Chirochip / Zuckmücke als Bioindikator
MAINZ Sie sind fast überall an Gewässern zu finden, stechen zum Glück aber nicht – die Zuckmücken. Bei Biologen sind sie unter dem Namen Chironomus bekannt. Ihre Larven leben im Schlamm. Die winzigen Tiere haben eine wichtige Aufgabe. Gerade weil sie weltweit an nahezu jedem Gewässer vorhanden sind, wurden sie von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zu Bioindikatoren auserkoren. Das heißt, an ihnen wird ermittelt, wie es beispielsweise mit der Wasserqualität eines Flusses bestellt ist. Gravierende Wasserbeeinträchtigungen führen schlimmstenfalls zum Tod der Larven, weniger starke Verschmutzungen können zum Beispiel den Effekt haben, dass die Tiere weniger Eier legen.
Bislang, so Professor Erwin R. Schmidt vom Institut für Molekulargenetik der Uni Mainz, wurden die Insekten nach äußeren Veränderungen untersucht, um festzustellen, ob es Probleme mit der Wasserqualität gibt, die sich auf die winzigen Lebewesen ausgewirkt haben. Nun ist man dabei, anhand von Veränderungen bei den Mücken-Genen Rückschlüsse auf Gewässerverunreinigungen zu ziehen – und kann bereits die ersten Erfolge vorweisen.
Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Projekt, das 2005 startete, wird federführend von dem Mainzer Biotechnologieunternehmen Genterprise Genomics (Prof. Hankeln) in Kooperation mit dem Mainzer Uni-Institut sowie der Abteilung für Ökologie der Uni Frankfurt (Prof. Oehlmann) betreut, in der auch Spezialisten für Zuckmücken arbeiten.
Den Mainzer Forschern ist es laut Prof. Schmidt und Prof. Hankeln gelungen, einen Mikrochip herzustellen, den nach der Mücke benannten Chirochip. Auf einem Glasobjektträger befinden sich insgesamt 6000 DNA- oder Erbgutsonden. Jede repräsentiert ein Gen. Die Forscher extrahierten aus den Mückenlarven die so genannten RNA-Nukleinsäuren. Eine spezielle RNA kommt in der Zelle eines Lebewesens immer dann zum Einsatz, wenn ein bestimmtes Gen aktiv ist und beispielsweise die Produktion eines spezifischen Proteins “befiehlt”.
Befinden sich in dem aus den Larven gewonnenen Nukleinsäuregemisch eine oder auch mehrere RNAs, die zu den Genen auf dem Chip passen, lässt sich das anhand entsprechender Farbveränderungen auf dem Chip ablesen. Daraus können die Forscher schließen, dass auch in den Lebewesen diese Gene aktiv waren, denn nur bei Genaktivität bildet sich die entsprechende RNA.
Ziel dieser Forschung ist es, den Chipmustern eindeutig die Art der Gewässerverschmutzung beispielsweise durch Schwermetalle oder Hormone, die beim Pflanzenschutz eingesetzt werden, zuordnen zu können. Die Ergebnisse sind laut Schmidt ermutigend, sodass die Hoffnung besteht, in Zukunft – anstelle der klassischen Standardverfahren, mit denen bislang Gewässerverunreinigungen ermittelt werden, – moderne, molekulargenetische Verfahren einsetzen zu können.